Im Unterricht haben wir Friedrich Schillers Maria Stuart gelesen und dabei auch die Rivalität zwischen Maria Stuart und Elisabeth I. untersucht. In diesem Text erkläre ich, welche Konflikte die beiden Königinnen prägen und wie Schiller dabei die Themen Macht, Stolz und Gewissenskonflikte sichtbar macht.
In Schillers Trauerspiel Maria Stuart treffen zwei der bekanntesten Königinnen der Geschichte aufeinander: Maria Stuart, die ehemalige Königin von Schottland, und Elisabeth I., die Königin von England. Beide sind klug, gebildet und mächtig, aber sie stehen in starkem Konflikt miteinander. Sie unterscheiden sich in vielen Dingen, wie ihrem Glauben, ihrer Herkunft und ihrer politischen Situation. Schiller zeigt, wie Misstrauen, Eifersucht, Stolz und auch eine gewisse Bewunderung ihre Beziehung beeinflussen.
Maria ist leidenschaftlich, katholisch und fordert sogar den englischen Thron für sich. Doch sie lebt schon seit Jahren in Gefangenschaft in England. Elisabeth hingegen ist protestantisch, selbstbewusst und regiert das mächtigste Land Europas. Trotzdem fühlt auch sie sich oft unsicher und unter Druck. Während Maria schon alles verloren hat, steht Elisabeth an der Spitze ihrer Macht und trägt eine grosse Verantwortung.
Ein besonders intensiver Moment im Stück ist die Begegnung der beiden Königinnen im dritten Aufzug, vierten Auftritt. Schiller hat dieses Treffen erfunden, um die Spannungen zwischen den beiden zu verdeutlichen. Maria tritt vor Elisabeth und spricht in einem demütigen Ton:
„Der Himmel hat für Euch entschieden, Schwester!
Gekrönt vom Sieg ist Euer glücklich Haupt,
Die Gottheit bet ich an, die Euch erhöhte!“
Maria hofft auf Gnade und versucht, Elisabeths Macht zu akzeptieren. Doch Elisabeth reagiert scharf:
„Ihr seid an Eurem Platz, Lady Maria!
[…]
So liegen sollte, wie Ihr jetzt zu meinen.“
Elisabeth zeigt damit ihren Stolz, aber auch ihre Angst. Sie will Maria nicht als gleichwertige Gegnerin anerkennen und stellt klar, dass Maria selbst im Kerker eine Bedrohung bleibt. Das zeigt, dass Elisabeth sich zwar stark gibt, aber innerlich unsicher ist.
Maria verliert langsam die Beherrschung. Als ihre Bitten weiter abgewiesen werden, wirft sie Elisabeth vor, ihre Macht mit Gewalt und Heuchelei zu verteidigen:
„Du glaubst, mit blut'ger Hand das Szepter zu behaupten
Und deine Throne gegen deine Feinde
Mit Frauentugend zu verteidigen.“
Hier spricht Maria ihre Enttäuschung aus und beschuldigt Elisabeth, hinter einem Bild der Tugend eine grausame Machtpolitik zu verstecken. Es wird deutlich, dass die beiden Königinnen ganz unterschiedliche Vorstellungen von Macht und Herrschaft haben: Maria leidet, bleibt aber innerlich stark, während Elisabeth von außen mächtig erscheint, aber innerlich von Zweifeln geplagt wird.
Im weiteren Verlauf des Stücks wird klar, dass Elisabeth zwar nach aussen hin siegt, aber innerlich an ihrer Entscheidung, Marias Leben zu beenden, zerbricht. Sie schiebt die Verantwortung für den Tod Marias auf ihre Berater ab. Doch der Satz „Sie haben mir gehorcht – aber ich hab nicht befohlen!“ (Fünfter Aufzug, neunter Auftritt) zeigt ihre innere Zerrissenheit. Elisabeth versucht sich von der Schuld zu befreien, obwohl sie diejenige ist, die die Entscheidung getroffen hat unter dem Druck des Volkes.
Maria dagegen wächst in ihrem letzten Moment über sich hinaus. Sie bereitet sich ruhig und mit Würde auf den Tod vor und findet dabei eine neue innere Stärke. Sie schöpft neue Hoffnung aus ihrem Glauben:
„Nun hab ich nichts mehr
Auf dieser Welt – Mein Heiland! Mein Erlöser!“
Im Gegensatz zu Elisabeth ist Maria am Ende frei von Zweifeln. Sie stirbt im Geist, während Elisabeth in ihrem Gewissen gefangen bleibt.
Schiller zeigt uns hier, wie Macht und Moral miteinander zusammenhängen. Wer nur nach äusserer Stärke strebt, zerbricht irgendwann an seinen inneren Konflikten. Wer sich hingegen auf innere Werte stützt, mag zwar verlieren, behält aber seine Würde. Dieses Thema ist auch heute noch wichtig. In der modernen Welt, in der öffentliche Wahrnehmung und Verantwortung eng miteinander verknüpft sind, sehen wir oft, wie schwierig es ist, sowohl stark als auch menschlich zu bleiben. Führungskräfte in Politik oder Wirtschaft, die sich nur auf äussere Erfolge konzentrieren, können sich schnell in ihren eigenen Widersprüchen verlieren.